Melbourne ist ein nettes Fleckchen. Wo Sydney, Brisbane und Perth doch irgendwie recht ähnlich angelegt sind (kleines City-Zentrum, weit verstreute Suburbs), erinnert Melbourne deutlich stärker an seine europäischen Wurzeln. Das Center lässt einen ein bisschen an Köln denken – Straßenbahnen verkehren unentwegt und auch die Gebäude wirken älter und gediegener als anderswo in Down Under.
Tram in Melbourne
Der Yarra River fließt statt des Rheins durch die Stadt und… OK – das war es dann eigentlich auch mit den Gemeinsamkeiten.
Blick in die Sonne am Yarra River
Australier haben ein Faible für ausgefallene Architektur, was meiner bescheidenen Meinung nach in ihrer Kombination (historisch trifft modern) nicht immer gut harmoniert, aber doch sehr feine Ideen hervorbringt. Wo sieht man in Deutschland z.B. fiese Betonklötze so schön mit Holz verkleidet…?
Huebsches Holz
Die Skyline ist kaum komplett aufs Bild zu bekommen – irgendwie ist man immer mittendrin. Trotzdem mal ein Teilstück mit Riesenrad – aufgenommen auf den Weg zu den Australian Open.
Skyline mit Riesenrad
…womit mir mal wieder eine fantastische Überleitung gelungen ist. Wenn man schon so nah dran ist, muss ich mich auch um Karten bemühen – dachte ich mir. Da ich ein paar bekannte Gesichter aus Darwinschen Zeiten (damit ist selbstverständlich die Stadt und nicht die Epoche unseres naturwissenschaftlich bewanderten Freundes gemeint) in Melbourne wieder getroffen habe, bin ich auch nicht allein.
Sowohl die Rod Laver Arena als auch die Vodafone Arena, die beiden Hauptspielplätze, sind leider ausverkauft, aber wir bekommen “Ground Tickets”, was uns Zugang zum kompletten Gelände und zu allen anderen Plätzen ermöglicht. Auch nicht schlecht. Die Sonne brennt relativ gnadenlos vom Himmel und die Spieler hauen sich die gelbe Filzkugel um die Ohren. Auf dem Bild unten sieht man zwei mir unbekannte Spielerinnen, die auf Court 2 vor der beeindruckenden Kulisse der Rod Laver Arena um den Einzug in die dritte Runde kämpfen.
Court 2 mit Blick auf die Rod Laver Arena
Damit aber keiner denkt. dass sei irgendein x-beliebiges Dorfturnier, gibt’s hier mal noch Fräulein Mauresmo aus Frankreich und ihre Kollegin Kusnetzova aus Russland (immerhin die ehemalige Nummer 1 und die derzeitige Nummer 2 der Welt) zu sehen, die sich im Doppel gerade zweier australischer Teens entledigen, die das aufregendste Spiel ihres Lebens spielen. Leider ist der Spaß schnell vorbei (6:2, 6:0).
Mauresmetzova in Action
Und die zwei Grazien auf dem nächsten Bild sollten sogar die uninteressiertesten Tennisverächter erkennen können…
Williams x 2
Alles in allem ist es ein spannender Tag, den wir mit einem “Karton” Bier im Hause der “Darwinistinnen” beenden. Immerhin ist das hier mein letzter Tag in Australien nach 10 Monaten!
Leicht beschickert komme ich gegen 4 in meinem Hostel an – es bleiben also satte 2 Stunden Schlaf. Kein Problem für mich – da bin ich aus Studienzeiten ganz anderes gewöhnt… aber dazwischen liegt auch rund ein Jahr Australien… Ich verschlafe also prompt meinen Wecker und muss auf ein Taxi zurückgreifen, um nicht auch noch den Flug zu verpassen. So kann man sein Geld auch quitt werden. Der somalische Fahrer ist aber sehr nett und wir führen ein interessantes Gespräch über die Weltpolitik auf unserer schönen Erde, von der ich in den letzten 10 Monaten ein schönes Teilstück erkunden durfte.
Damit bleibt eigentlich auch nur noch ein
Fazit
Nachdem ich anfangs von den Touristenmassen an der Westküste doch etwas abgeschreckt wurde, habe ich Land und Leute nach und nach schätzen (da auch besser kennen) gelernt. Im Prinzip sind die Unterschiede zu Deutschland gar nicht so gewaltig. Die meisten Australier leben etwas mehr im “Hier und Jetzt” als wir Germanen, was sich – positiv – in einer etwas relaxteren Haltung den täglichen Problemen gegenüber äußert, andererseits aber auch zu einer “Ich will heute Spaß haben morgen könnte ich schon tot sein und deshalb gebe ich so viel Geld aus wie ich will” -Einstellung geführt hat, die nicht ungefährlich ist. Australier sparen eher kurzfristig, außerdem gibt es ein massives Alkoholproblem und der Konsum von harten Drogen bei Jugendlichen ist erschreckend normal – quasi Teil des Teenie-Lebens.
Die Landschaft ist nicht überall atemberaubend, was aber vor allem an den unvorstellbaren Außmaßen Australiens liegt. Erreicht man einmal Plätze wie die Whitsunday Islands, den Uluru, die Devils Marbles, oder die vielen Nationalparks bleibt dann manchmal eben doch nur der Mund offen stehen. Hinzu kommt, dass der Kontinent aufgrund seiner jahrtausendelangen Isolation einfach unheimlich viele Pflanzen und Tiere hervorgebracht hat, die es nirgendwo sonst auf der Welt gibt.
Ich habe neue nette Menschen kennengelernt und teile eine Menge einzigartiger Erinnerungen mit einigen von ihnen. Von den Städten kann ich eigentlich nicht wirklich eine hervorheben – ich war eigentlich überall gerne und alle hatten ihren Reiz. Der rund vierwöchige Outback-Trip war landschaftlich sicher das absolute Highlight – von der Atmosphäre ganz zu schweigen und muss deswegen hervorgehoben werden. Die Nordwestküste war auch toll – und natürlich die Zeit mit Jenny: der Whitsundays-Turn und der tropische Norden mit Delux-Campervan.
Mir fehlt am Ende ein interessantes Stück Südküste, Kangaroo Island und Tasmanien, was aufgrund Zeit- und Geldmangels einfach nicht mehr zu bereisen war. Aber das lässt sich ja dann beim nächsten Mal schön mit Neuseeland verknüpfen 😉
Auch wenn’s gerade (ich sitze noch – keine zwei Stunden mehr – im Flieger nach Bangkok) etwas seltsam ist, dass das Abenteuer “OZ” nach all der Zeit vorbei sein soll, freu’ ich mich doch auch auf Asien und die vertrauten Gesichter der Jungs – und auch schon auf Familie, Freunde und Freundin zu Hause in deutschen Landen!
Aber erstmal gibt es noch ein paar Thailzeit-Geschichten zu hören und dann seh’n wir uns auch wieder face to face. Alles zu seiner Zeit, alles schön step by step.
Gehabt euch wohl,
Nils Holgersson